Hohe Krankmeldungen in deutschen Unternehmen: Was steckt dahinter?
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Das Jahr 2024 bringt für viele Unternehmen in Deutschland eine große Herausforderung mit sich: die hohe Zahl der Krankmeldungen. Nachdem sich das Thema “Fehlzeiten” in den letzten Jahren verstärkt in den Vordergrund geschoben hat, ist die Situation im Jahr 2024 besonders gravierend. Arbeitgeber berichten von ungewöhnlich vielen Krankheitsausfällen, die nicht nur die Produktivität beeinträchtigen, sondern auch das allgemeine Arbeitsklima belasten. Doch woran liegt das? Schauen wir uns die Gründe einmal genauer an. Siehe auch den AOK Fehlzeitenrekord 2024!
1. Die Nachwirkungen der Pandemie
Auch wenn die akute Phase der COVID-19-Pandemie vorüber ist, spüren wir 2024 noch immer die Folgen. Viele Arbeitnehmer leiden weiterhin unter sogenannten „Long-Covid“-Symptomen, die ihre Arbeitsfähigkeit einschränken. Chronische Erschöpfung, Atemprobleme oder Konzentrationsschwierigkeiten sind dabei keine Seltenheit und führen zu häufigeren Fehlzeiten. Hinzu kommt, dass die Pandemie bei vielen Menschen das Bewusstsein für die eigene Gesundheit geschärft hat – Arbeitnehmer sind vorsichtiger geworden und bleiben eher zu Hause, wenn sie sich krank fühlen, um ihre Kollegen nicht anzustecken.
2. Psychische Belastungen und Burnout
Neben körperlichen Krankheiten nehmen auch psychische Erkrankungen, wie Depressionen, Angststörungen und Burnout, stark zu. Die Arbeitswelt wird immer schneller und komplexer, und der Druck auf die Arbeitnehmer steigt. Die Digitalisierung und die Möglichkeit, ständig erreichbar zu sein, haben dazu geführt, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend verschwimmen. Viele Mitarbeiter fühlen sich ausgebrannt und erschöpft. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse gehören psychische Erkrankungen inzwischen zu den häufigsten Gründen für lange Krankschreibungen in Deutschland. Mitarbeiter, deren Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist durch einen längeren Krankheitsfall befürchten ihre Entlassung.
3. Fachkräftemangel / Arbeiterlosigkeit verstärkt das Problem
Der anhaltende Fachkräftemangel, auch "Arbeiterlosigkeit" genannt, trägt ebenfalls zur hohen Krankmeldungsrate bei. Da es oft schwierig ist, Ersatz für erkrankte Mitarbeiter zu finden, müssen die verbleibenden Kollegen mehr Aufgaben übernehmen, was zu Überlastung und Stress führt. Diese Überlastung kann wiederum zu mehr Krankheitsfällen führen – ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist.
4. Grippewellen und RSV-Infektionen
Zusätzlich zu den pandemiebedingten Krankheitsausfällen spielen saisonale Infektionskrankheiten eine Rolle. 2024 ist ein Jahr mit besonders schweren Grippewellen und einem vermehrten Auftreten des Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), das insbesondere Erwachsene und ältere Menschen betrifft. Siehe dazu: Grippe, Corona und Erkältungen: Wie hart werden die Erkältungswellen im Winter? Da sich viele Unternehmen nach der Pandemie wieder auf Präsenzarbeit fokussieren, führt die vermehrte Interaktion im Büro dazu, dass sich Infektionskrankheiten leichter verbreiten. Besonders in den Wintermonaten steigen die Fehlzeiten in rasantem Tempo an.
5. Neue Arbeitszeitmodelle und Flexibilität
Viele Arbeitnehmer hatten in den letzten Jahren die Möglichkeit , von zu Hause aus zu arbeiten. Viele Arbeitgeber riefen Ihre Mitarbeiter allerdings wieder zurück in die Büros wo sie nicht nur Ihre Kollegen jetzt wieder anstecken: Diese „Präsentismus“-Mentalitält kann dazu führen, dass sich kleinere Krankheiten verschleppen und letztlich zu ernsthafteren, längeren Ausfällen führen. Siehe auch in der "Zeit": Mercedes-Chef kritisiert hohen Krankenstand in Deutschland
6. Fehlende Präventionsmaßnahmen
Auch das Thema Prävention spielt eine entscheidende Rolle. Viele Unternehmen haben nach der Pandemie den Fokus auf Gesundheit und betriebliche Vorsorgeprogramme etwas aus den Augen verloren. Sportangebote, Gesundheitschecks und Workshops zur Stressbewältigung sind oft eingeschlafen. Dabei ist gerade jetzt eine gezielte Gesundheitsförderung notwendig, um die Belastungen der Belegschaft abzufangen.
Was können Unternehmen tun, um die Krankmeldungen zu senken?
Die hohe Zahl der Krankmeldungen stellt Unternehmen vor die dringende Aufgabe, neue Wege zur Entlastung ihrer Mitarbeiter zu finden. Einige Lösungsansätze könnten sein:
• Präventionsmaßnahmen ausbauen: Mehr betriebliche Gesundheitsprogramme, regelmäßige medizinische Checks und psychologische Unterstützung können dazu beitragen, das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern.
• Flexiblere Arbeitszeitmodelle: Unternehmen, die ihren Mitarbeitern mehr Spielraum bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit lassen, können Überlastung und Burnout entgegenwirken.
• Remote-Arbeit stärker fördern: Auch wenn das Homeoffice Risiken birgt, sollte es weiterhin als Möglichkeit bestehen, insbesondere für Mitarbeiter, die sich leicht angeschlagen fühlen, aber dennoch in der Lage sind, zu arbeiten.
• Offene Kommunikation über psychische Gesundheit: Das Thema psychische Gesundheit sollte kein Tabu sein. Unternehmen sollten eine Kultur schaffen, in der offen über Stress und psychische Belastungen gesprochen werden kann.
Die hohe Krankheitsrate in deutschen Unternehmen 2024 ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus den Nachwirkungen der Pandemie, gestiegenen psychischen Belastungen und saisonalen Krankheiten. Siehe auch den Artikel im Handelsblatt: Dax-Konzerne klagen über höhere Krankenstände als im Ausland Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie langfristig umdenken und gezielt in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren müssen, um die Arbeitsfähigkeit und das Wohlbefinden ihrer Belegschaft zu sichern.