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Es ist in vielen Städten immer der gleiche Aufreger. Parkgebühren. Viele Städte haben sie nicht nur, sie erhöhen sie sogar. Oder haben bereits so hohe, dass man sich fragt, lohnt es sich überhaupt dorthin zu fahren, einen Parkplatz zu suchen (je nachdem wie große ein Stadt ist, Parkgebühren zu zahlen, um dann dort einzukaufen. Exemplarisch habe ich hier zwei Städte rausgesucht, nicht aus Zufall. Bühl hier wohne ich, und Straßburg hier kaufe ich bisher ganz gerne ein.
Bühl hat eine attraktive "Einkaufsmeile"
Vor einigen Jahren wurde mit viel finanziellem Aufwand die Hauptstraße saniert und zu einer verkehrsberuhigten Zone umgestaltet. Baden-Baden liegt nur etwa 10 Kilometer von Bühl entfernt. Diese kleine Stadt hat durchaus die Chance ein Einkaufsparadies zu sein, zumal im Sommer, bedingt durch die Kessellage in Baden-Baden (von allen Seiten von Bergen umgrenzt) oft ein recht schwüles, subtropisches, unerträgliches Wetter herrscht, während sich in Bühl durch die Hauptstraße fast immer ein kühlendes Lüftchen bewegt. Es gibt genug Umland mit kleinen Dörfern und die 10 Stadtteile auch nicht zu vergessen.
Eine kleine Bilderbuchstadt mit einer Kirche in der Mitte, direkt nebenan das Rathaus. welches früher auch einmal eine Kirche war, das kann man noch erkennen. Schattenseite und meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß, darauf komme ich später im Artikel, dass die Parkplätze in der Innenstadt überwiegend kostenpflichtig ist, manche 1 Stunde Gratisparken bieten. Doch was kriegt man schon in einer Stunde auf die Reihe? Ich kaufe zum Beispiel da lieber im nahen Cité Shopping in (Gewerbepark Cite 7, Baden-Baden), mit zwei großen Parking-Decks, die sogar teilweise überdacht sind, ein unschätzbarer Vorteil bei schlechtem Wetter.
Samstags Straßburg, das ist Urlaub vom Alltag
Alle zwei Wochen mache ich mir zumeist das Vergnügen und fahre zum Einkaufen nach Straßburg, die größte Stadt weit und breit, großzügig geschätzt und noch mehr gefühlt, mit 1 Million Einwohner. Mehrere Fußgängerzonen, der Place Kleber, der Münsterplatz. Die gesamte Altstadt ist auf einer "Insel" gelegen, da die Altstadt von zwei Armen der Ill umschlossen ist. Straßburg ist eine halbe Stunde von Bühl entfernt. Die Anreise ist stressfrei. Die Vorfreude "ungebremst".
Es droht der Tod der Innenstädte
Noch bieten individuelle Geschäfte jeder Genre und für jede Lebenslage ein ausgiebiges Einkaufserlebnis in Bühl. Metzger, ein Kücheneinrichter, Apotheken, Bioläden, Optiker, Teegeschäft, Schmuck und Uhren, Restaurants und Cafés, Bäcker und Friseure, Boutiquen und zwei ehrwürdige langansässige Modekaufhäuser. Doch auch hier ist der Trend erkennbar, dass jene Schaufenster immer weniger werden, inhabergeführte Geschäfte schließen, und mehr und mehr gleichaussehende Filialen großer Ketten, insbesondere von Modelabels das Bild so vereinheitlichen, dass kaum ein Unterschied zu einer anderen Stadt, selbst in der Nachbarschaft zu Bühl, eine Unique Selling (USP) oder besser Unique Buying Preposition darstellt.
Sie sind oft eine weitere Bedrohung für die verbliebenden Geschäfte, sehen langfristig Standortsicherung vor Gewinn (Beispiel C&A und Depot im neuen Gebäude am Anfang er verkehrsberuhigten Zone in Bühl. Zugeben muss an, dem optischen Bild der Stadt hat es gut getan, zumal hier vorher eine Bruchbude stand. Andererseits hätte eine andere Ausrichtung des Geschäftskonzeptes der Stadt sicher besser gestanden. Allerwelts Marken sind auf jeden Fall keine Attraktion. Keine die mit dem Internet mithalten kann.
Einkaufen in Straßburg
Es gibt gleich mehrere "Malls" (auf englisch) "Centre Commercial" (auf französisch) in Straßburg "Einkaufscenter" der deutsche Begriff wäre reichlich untertrieben. Da wäre "Les Halles", und das "Rive Etoile", mein Favorit zur Zeit. In den Fußgängerzonen bietet sich das gleiche uniforme Bild wie in anderen Großstädten Frankreichs und Deutschlands. Dafür gibt es in den vielen kleinen Seitengassen, wenn man von den Fußgängerzonen abbiegt oder in den Gassen rund um den Münsterplatz, jede Menge kleiner Geschäfte mit sensationellem Angebot. Cafés die ein Reinfall sind wie das Café Koenig in der Rue Bourgeois mit deftigen Preisen, denen mitnichten die entsprechende Qualität entgegensteht, aber auch "Institutionen" wie das Café Stein 29, Rue du Vieux Marché aux Poissons.
Auf vielen Flächen gab es früher in der Mittagspause zwischen 12.00 und 14.00 Uhr gratis parken, so dass, auch wenn man in die Verlängerung ging, mit 1-2 Euro zusätzlich ingesamt einige Stunden Straßburg genießen konnte. Leider hat Parcus, ein stadteigenes Unternehmen dies Annehmlichkeiten gestrichen. Man trägt das Näschen hoch in Straßburg. Ein Land über dem eine wirtschaftliche Katastrophe schwebt, sollte nicht willige Konsumenten verschrecken. Das sieht die Stadt anscheinend anders. Die Galeries Lafayette sieht das ganz anders, hier legt man sehr viel Wert auf Touristen und auf Deutsch, die gerne, so wie ich, in Frankreich einkaufen.
Tipp: Wenn Sie in die oberste Etage fahren und nach der "Information" fragen. Hier erhalten Sie einen Bon mit dem sie in den meisten Abteilungen des Hauses 10 % Rabatt bei Vorlage ihres deutschen Passes and der Kasse. Ich parke nur noch im Rive Etoile Parkhaus, Freitag und Samstag die ersten 3 Stunden gratis, an den anderen Wochentagen dann gratis, wenn man für mindestens 20 € in der Mall einkauft. Noch ist Frankreich nicht verloren.
Die Korrosion der Infrastruktur
Wenn also in Innenstädten, egal ob man sich in Frankreich oder Deutschland, in größeren oder in kleineren Städten die gleichen Geschäfte mit weitgehend identischem Angebot (!) gibt, war um soll man dann überhaupt noch da einkaufen, wo man es früher gerne gemacht hat?
Ein Konsument möchte aber Auswahl, denn ein Konsument ist ein Individuum, mit eigenen Vorstellungen, eigener Geschichte, eigenem Lifestyle. Er lässt sich nicht in die Schablonen pressen, die ihm eine urbane Ökonomie aufzwingen will. Mit diesem Begriff beschreibe ich hier den Umstand, dass natürlich auch für die Immobilien in Innenstädten die Freie Marktwirtschaft gilt.
Doch diese Immobilien gehören oft entweder Privat Equitys, Immobilieninvestment- und Entwicklungsgesellschaften oder sie werden oft vererbt, wobei diese Erben einen genauso geringen lokalen Bezug zum Vermietungsobjekt haben wie die Investitionsgesellschaften. In beiden Fällen geht es oft nur darum den höchstmöglichen Gewinn - auf Sicht - zu generieren. Gute Zeiten für Vermieter. Schlecht für die kleinen reizvollen, charmanten Geschäften. Schlecht für die Stadt.
Und gebt bloß den Kunden nicht die Schuld, wenn er sich künftig dort bedient, wo er das aller erhält was er lokal nicht mehr erstehen kann!
Nur noch Handelsketten mit einem Filialsystem können sich die Mieten leisten, die von den Immobilienbesitzern immer weiter nach oben getrieben werden. Kein Wunder also dass es in vielen Städten nur noch Filialen großer Markennamen gibt, aufgelockert durch ein paar Spielhöllen und aufgeheitert durch den einen oder anderen Sexshop. Die Gentrifizierung (die Tendenz dass aus großstädtischen Vierteln Menschen mit geringerem Einkommen abwandern und der Zuzug solventerer Bevölkerungsschichten) trägt dazu ebenso bei wie die Geldgier von Hausbesitzern und Investoren.
Einkaufen in Karlsruhe und Mannheim
Hinzu kommt dass die Öffentliche Hand nicht genug tut um Innenstädte attraktiv zu machen. Ich kann mir nur schwer eine andere Fußgängerzone in Deutschland vorstellen, die ähnlich wie die Kaiserstraße in Karlsruhe tiefste Depressionen auslöst. Unansehnlich, vergammelt, im Winter und bei Regen kaum zu ertragen. Hier möchte ich weder einkaufen, noch Kaffee trinken. Da bin ich wirklich besseres gewohnt und meine Ansprüche sind überhaupt nicht hoch. By the way: Wer sich einige Meter weitertraut findet sich auch noch gleich an einem verelenden, sozialen Hotspot /Brennpunkt wieder. Karl Wilhelm, Markgraf von Baden-Durlach, der die Fächerstadt am Reisbrett entwerfen ließ, und Friedrich Weinbrenner, Städteplaner und Architekt würden im Grab rotieren, wie die ehemalige Prunkstadt sich jetzt seinen Besuchern zeigt.
Wer Mannheim in den Achtzigern erlebt hat und es mit dem heutigen Stadtbild vergleicht, erschaudert. Mannheim war eine attraktive Einkaufsstadt mit alteingesessenen Geschäften und Cafés. Eine pulsierende Stadt, jung, modern, mit Flair und Eleganz, ein kleinwenig große Welt. Nun wenn man jetzt vom Wasserturm die Planken hinauf zum Paradeplatz geht und der Spur des Einpackpapiers der Hamburger folgt, dann ist von diesem Glanz nicht viel übrig geblieben. Wie es zu der Entscheidung kam den Paradeplatz, den zentralsten Punkt der Mannheimer Innenstadt derart zu verunstalten, ist mir heute noch ein Rätsel. Ich bin nicht unflätig und stehe nicht alleine mit meiner Meinung da: "Mannheim ist keine Postkartenidylle. Heidelberg-Reisende lassen die Stadt links liegen ... Zu meinen Scheußlichkeitshighlights zählt ferner am zentralen Treffpunkt, dem Paradeplatz, das moderne Stadthaus, dessen Liebreiz mit dem Adjektiv funktional am besten beschrieben ist." Bezeichnend, da wo jede Eleganz entflieht ist der nächste soziale Hotspot nicht weit. Ich frage mich ernsthaft ob auf der Breite Straße, die sich direkt an den Paradeplatz anschließt noch die deutsche Gerichtsbarkeit zählt oder bereits die Scharia.
Warum steht der "Nutzen" nicht im Wettbewerb?
Ein weiterer Grund warum Städte immer unattraktiver werden sind zum einen, dass Innenstädte immer häßlicher, unmenschlicher in dem Sinn, dass der Mensch nur noch als funktionaler Käufer gesehen wird, andererseits der Irrglaube von lokalen Politikern, dass dem Konsument ja nichts anderes üblich bleibt, als die Infrastruktur und die Einkaufsmöglichkeiten zu nutzen. Den "Nutzen" also nicht im Wettbewerb steht. Nicht mit anderen Städten, und der größte Fehler: Nicht mit dem Internet.
Gibt es das Einkaufserleben in Zukunft nur noch im Internet?
Städte konkurrieren inzwischen nicht nur gegeneinander um die Gunst des Konsumenten, sie kämpfen vor allen Dingen gegen den Mitbewerber Internet. Früher lebte eine Stadt von der Bequemlichkeit ihrer Bürger. Nämlich um das was man braucht einfach vor Ort und regional einzukaufen. Jetzt könnte man ja sagen. Kein Problem. Zumal voraussichtlich die Städte und Dörfer rundum das gleiche Einkaufsangebot bieten, dann blieb dem dem Konsumenten auch gar keine andere Möglichkeit.
Nichts ist mehr alternativlos. Der Triumph des Kunden
Durch das Internet ist das anders geworden. Eine schier nicht zu überblickende Vielfalt an Produkten, mit der sich nicht mal das größte "reale Warenhaus" mithalten kann. Preisvergleich gleicher und ähnlicher Produkte, 14 tägiges Rückgaberecht, ohne Probleme und oft dazu noch Lieferung frei Haus, keine Schlepperei. Das sind alles Vorteile gegen die die lokalen Geschäfte und auch die Städte und Gemeinde, die sind nicht raus aus dem Spiel, gute Argumente brauchen. Bei einer Kundenbefragung von Konsumenten, die online bestellen, stellte man fest, dass diese 2014 44 % ihrer Weihnachtseinkäufe online abwickelten. Mit steigender Tendenz. Um es klar zu sagen:
Es geht gar nicht mehr um den Kunden. Der hat seinen Wege zu neuen Quellen gefunden ihm geht es gut. Den inhabergeführten Geschäften geht es immer weniger gut. Und auf Dauer auch nicht den Städten und Gemeinden, weil die Städte langweilig und unattraktiv werden.
Wie der Kunde wieder den Weg in die Stadt findet
Beispiel meine Heimatstadt: Zugegeben, Bühl tut kulturell einiges um Bühl attraktiv zu machen, das Bluegrass Festival, der Kultursommer und etliche Einkaufssonntage und Bauernmärkte, die von der Werbegemeinschaft Bühl, in Aktion, initiiert werden. Doch reicht das? Wie spannend ist diese Kleinstadt für die Einwohner der Stadt und Umland? Können die Events auf Dauer neue Käufer in die Stadt bringen? Und vor allen Dingen, wenn diese einmal da sind, wie will man sie halten?
Recht adrett sieht die Innenstadt ja auch, die Stadtverwaltung legt viel Wert auf mehrmals im Jahr neu bepflanzte Blumenkübel. Doch reicht das? Welche Möglichkeit hat ein Stadt, nicht nur attraktive Geschäfte nicht nur anzuziehen, sondern auch zu halten. Kann eine Stadt die Mietpreispolitik beeinflussen? Lässt sich ein Einkaufserlebnis langfristig vermitteln und so einerseits Bühler dazu motivieren in ihrer Stadt einzukaufen, aber auch Konsumenten aus dem Umland und auch von weiter her, in die Stadt zu bringen? Der Kunden findet nur in die Stadt, wenn er in der Stadt das findet was er sucht, das sind Produkte, das sind Dienstleistungen, das ist Auswahl und Vergleiche, das ist Wohlfühlen, Kultur und Willkommen sein.
Auf alle erwähnten Städte bezogen: Schafft Barrierefreiheit, baut keine Hindernisse auf, den den Besucher, Touristen und Konsumenten, nerven und ihn zusätzlich kosten. Beschränkt gratisparken nicht auf eine Stunde, stellt ausreichend kostenfrei Parkflächen zur Verfügung. Nicht nur and die Konsumenten, auch die Menschen die in einer Stadt arbeiten muss gedacht werden. Auch für sie muss eine Stadt attraktiv sein. Auch hier gibt es Wettbewerb und ein Standort ist ein Kriterium für eine Beschäftigung. Städte stellt Euch dem Mitbewerber Internet. Der Mensch, der Bürger, der Besucher, der Konsument ist derjenige der mit den Füßen abstimmt, wo er lieber kauft, den besseren Service erhält, den größeren Respekt genießt. Er ist der letzte dem man die Schuld geben darf, wenn eine Stadt sich um ihre Zukunft als lebenswerter Platz bringt.
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